Haushaltsrede 2017

von Ulrike Trick, Fraktionssprecherin der GRÜNEN im Rat Schermbeck

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
es wird niemanden überraschen, dass die Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN auch in diesem Jahr dem Haushalt nicht zustimmt. Das hat nichts zu tun mit der Arbeit der Kämmerei, die wir nach wie vor schätzen und für solide halten, sondern ist wie in den vergangenen Jahren der Verteilung der Mittel geschuldet.
Die Ausgaben der Gemeinde unterteilen sich in freiwillige und nicht freiwillige Leistungen. Auf die nicht freiwilligen Leistungen haben wir keinen Einfluss, sie sind gesetzlich festgelegt und somit Pflichtaufgaben. Und auf die freiwilligen?- Haben wir auch keinen Einfluss. Schermbeck hat einen Bürgermeister, der die Gemeinde voranbringen will. Sicher ein ehrenhaftes Ziel. Wer aber etwas voranbringt, lässt auch immer etwas zurück. Und hier gilt es etwas näher nachzusehen:
Die Gemeindebücherei soll nach Willen von CDU und SPD geschlossen werden. Die Zweckbindung des Gebäudes läuft aus, eine Mitarbeiterin geht in den Ruhestand und im Übrigen sind sich die beiden Parteien mit dem Bürgermeister einig, ist der Fortbestand der Bücherei viel zu teuer. Um dies zu beweisen, lädt man eine Mitarbeiterin der Bezirksregierung in den zuständigen Ausschuss ein, die dann eine Bücherei im großen Stil vorstellt. Mit mindestens einer Bibliothekarin, 2 weiteren Mitarbeiterinnen, einer Onlineausleihe und, und, und…..Kostenpunkt: 173.000 €, vielleicht förderfähig für die ersten 3 Jahre, aber dann muss eine Bestandsgarantie gegeben werden für die nächsten 10 Jahre.
Wollen das die Schermbecker Bürgerinnen und Bürger? Nein, denn wenn man mit den Besuchern spricht, sind alle zufrieden mit der Bücherei. Der, wenn auch sehr kleine Etat, ermöglicht Neuanschaffungen, hinzu kommen Bücherspenden. Die Einrichtung ist ansprechend und mancher nutzt die Bücherei einfach nur um zu verweilen, etwas zu lesen, sich zu unterhalten. Es finden Vorlesungen statt für Kinder und ältere Menschen und die gute Erreichbarkeit macht allen die Teilnahme möglich.
Die Bücherei kostet einschließlich der Gebäudeunterhaltung 85.000 € im Jahr. Diese Kosten würden bei einer Schließung ab 2018 nicht vollständig eingespart werden, denn die zweite Mitarbeiterin geht noch nicht in den Ruhestand und müsste an anderer Stelle weiterbeschäftigt werden.
Den Antrag von BfB, noch andere Möglichkeiten zum Fortbestand der Bücherei zu prüfen, lehnten SPD und CDU ab und der Bürgermeister hatte auch gleich die Summe parat, um die die Steuern erhöht werden müssen, wenn man die Bücherei für 173.000 € jährlich weiterführt. Von der Möglichkeit, die Bücherei in der alten Form für 85.000 € weiterzuführen, sagte er nichts. Quick and dirty wurde die Schließung der Bücherei durchgezogen.
Wer bleibt zurück? Die älteren Menschen, die nicht mehr so mobil sind, um nach Dorsten oder Raesfeld zu fahren und dort Bücher zu leihen, oder die das Geld für die Fahrt nicht haben, die Kinder, die über das Bildung- und Teilhabepaket Leseausweise bekommen, aber keine Busfahrkarte oder deren Eltern nicht die Zeit haben, nach Dorsten zu fahren, die jungen Familien, insbesondere aus dem Baugebiet am Hallenbad, die gerne mit Kleinkindern die Kinderabteilung aufsuchen und Bilderbücher leihen.
Nachbarschaftsberater und eine Boule-Bahn auf dem Mehr-Generationen-Spielplatz sind nur ein schwacher Ersatz für die älteren Mitbürger.
Wer profitiert? Der Fortschritt nach Ansicht des Bürgermeisters. Tourismus- und Wirtschaftsförderung sind sein großes Ziel. Eine Tourismusmanagerin, viele bunte Broschüren und noch mehr Fahrradrouten sollen Schermbeck für Touristen attraktiv machen. Aber hat Schermbeck auch das Potential? Wir haben kein Schloss wie Raesfeld, keinen Dom wie Xanten, wir haben nicht einmal mehr ein Hallenbad, in dem auch auswärtige Besucher schwimmen können – und dies ist kein Vorwurf an den Wassersportverein. Nach Ansicht meiner Fraktion ist Schermbeck in Sachen Tourismus kein schlafender Riese, wie die SPD meint, sondern ein überambitionierter Zwerg. Der Bürgermeister argumentiert mit der Statistik: 70.000 Übernachtungen jährlich in Schermbeck, erwähnt aber nicht, dass dabei die Besucher der Campingplätze und die Jugendgruppen in der Jugendfreizeitstätte in Gahlen mitgezählt sind. Was nach Abzug dieser Gäste noch übrigbleibt, kommt aber auch kaum als Tourist nach Schermbeck, sondern als Besucher des Movie Parks Kirchhellen. Insbesondere die beiden Hotels in Gahlen können dies bestätigen.
Was ist mit der Wirtschaftsförderung? Wenig geglückt, wenn man sich die Mittelstraße ansieht. Der Bürgermeister argumentiert mit den steigenden Arbeitsplätzen seit 2014. Stimmt, im Gewerbegebiet sind einige Firmen hinzugekommen. Es wären viel mehr gewesen, wenn der vorige Bürgermeister Grüter nicht ein Großteil des Gewerbegebietes an einen Investor verkauft hätte, der die Flächen brach liegen ließ. Schermbeck ist begehrt bei Gewerbetreibenden, die Lage an der Autobahn ist ideal und die Nachfrage ist groß, wie der Bürgermeister immer wieder bestätigt. Da braucht es also keiner großen Wirtschaftsförderung.
Wer verliert? Die Bürgerinnen und Bürger dieser Gemeinde, denn ihre Grundsteuer wird erhöht, und das zahlen alle. Die Hausbesitzer legen es auf die Mietnebenkosten um und somit ist jeder beteiligt. Die Mehreinnahme für die Gemeinde beträgt 600.000 €.
Herr Bürgermeister, sie haben in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses nach Einsparvorschlägen gefragt. Hier ist einer, kürzen sie den Etat für die Wirtschafts- und Tourismusförderung, immerhin ein Budget von 524.000 €, und machen sie eine Politik auch für benachteiligte Bürger.
Beklagen Sie nicht immer die Höhe der Kreisumlage, sondern nutzen Sie die Möglichkeiten, die die Einrichtungen des Kreises ihnen bieten. Fordern Sie Herrn Düchting und seine Mitarbeiter von der Entwicklungsagentur Wirtschaft und nutzen Sie auch die Tourismusagentur Niederrhein. Dann benötigen Sie für diese Bereiche nur noch einen Ansprechpartner und nicht 3 Mitarbeiter und eine Stabstelle.
Da finden Sie das Einsparpotenzial, dass eine Steuererhöhung überflüssig macht.
Und verzichten Sie auf den Klimamanager. Nachdem die Einstellung eines solchen von allen Fraktionen abgelehnt wurde und Sie auch mit der Bemerkung, es könnten vielleicht einmal Förderungen ausbleiben, weil Schermbeck keinen Klimamanager habe, nicht überzeugten, entwickelten Sie eine neue Idee: Der Klimamanager wirbt Förderungen ein, lernt die gemeindlichen Gebäude kennen und wird nach Ablauf der 3 Jahre Mitarbeiter der Gemeinde im Immobilienmanagement. Mit dieser Behelfskonstruktion haben Sie SPD und CDU überzeugt.
Meine Fraktion hingegen fragt sich, wieviel Förderungen wollen Sie noch? Wir haben eine millionenschwere Förderung durch das integrierte Handlungskonzept. Das muss erst einmal abgearbeitet werden. Hinzu kommen die Förderungen, die einem sozusagen in den Schoß fallen, wie Gute Schule 2020 und das Kommunalinvestitionsfördergesetz. Auch dafür muss geplant und ausgeschrieben und die Bauphase begleitet werden. Alles durch Mitarbeiter der Gemeinde, aber nicht unbedingt durch den Klimamanager, denn das sieht sein Leistungskatalog nicht vor. Der Klimamanager erstellt bestenfalls noch den Energiebericht und entlastet damit einen Mitarbeiter von dieser Aufgabe. Ansonsten ist Beratung und Planung und das Vernetzen mit anderen Kommunen und Organisationen seine Aufgabe.
Es ist noch nicht lange her, da gab es auf der Mittelstraße zahlreiche Geschäfte. Von Abendgarderobe bis Zooartikel konnte man alles kaufen. Diese Zeit ist vorbei. Heute haben wir Leerstand oder Dienstleister, die sicher auch Gewerbesteuerzahler sind, aber mit der Gestaltung ihrer Geschäftsräume nichts zur Belebung der Mittelstraße beitragen.
Es ist noch nicht lange her, da hatten wir im Rathaus eine Bühne, auf der es Theateraufführungen und Konzerte gab.
Dies ist nur ein kleiner Aspekt dessen, was wir zurück gelassen haben. Manches kann man nicht erhalten und bewahren, Vieles aber doch.
Wir sollten genau abwägen, bevor wir etwas oder jemanden zurücklassen.

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